Ein Mensch ist erst vergessen,
wenn sein Name vergessen ist
Leitmotiv
des Stolperstein-Initiators
Gunter Demnig

Kazimierz Bachleda-Zarski

* 19251943

Ahornweg/Sachsenstr, Stade

Hier öffentlich gehängt
Kazimierz
Bachleda-Zarski
Jg. 1925
Polen
Zwangsarbeit 1940
Seit 1942 mehrmals
inhaftiert
ermordet 7.10.1943
Alter Schiessstand

Biografische Informationen

Kazimierz Bachleda-Zarski (eingedeutscht zu: Kasimir Zarski) wurde am 02. Oktober 1925 in Honey/Zakopane (Polen) geboren.

Als einer von rund 1,6 Millionen Polen wurde auch er während des Zweiten Weltkrieges als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt und am 7. Oktober 1943 in Stade öffentlich gehängt.

Er wurde nur 18 Jahre alt.

Kazimierz hatte seine Heimat im Alter von vierzehneinhalb Jahren verlassen müssen. Ab April 1940 arbeitete er auf Bauernhöfen in Stade und Blumenthal im Landkreis Stade.[1]

Im Jahr 1942 wurde der junge Pole zwei Mal im Landgerichtsgefängnis in Stade inhaftiert und im Herbst (zusammen mit einem weiteren polnischen Zwangsarbeiter) durch das Amtsgericht Stade zu mehrmonatiger Haft im Strafgefängnis Hannover verurteilt - vorgeblich wegen einer "unzüchtigen Handlung".
Über die näheren Umstände dieses Verfahrens ist wenig bekannt, da die Gerichtsakten sehr wahrscheinlich nachträglich vernichtet wurden. Aus heutiger Sicht muss jedoch angenommen werden, dass die Vorwürfe haltlos und unbegründet waren[2].

Ab dem 12. April 1943 war Kasimir Zarski laut seiner Zwangsarbeiter-Karteikarte wieder im Kreis Stade - als "Zivilarbeiter" auf einem Hof in Blumenthal.

Todesmitteilung der Gestapo Bremen an das Standesamt Stade vom 07.Oktober 1943
(Titel-Illustration der Broschüre: "zu niedriger Arbeit geboren ..." Zwangsarbeit im Landkreis Stade 1939 - 1945)

Nur wenige Monate später ließ ihn die zuständige Gestapo Bremen/Stade wegen einer ihm unterstellten Vergewaltigung öffentlich hinrichten.

Die Hinrichtung fand auf dem alten, von hohen Wällen und von Bäumen umgebenen und von der Stader Schutzpolizei abgesperrten Schießstand auf der Könshöhe (Salinenweg/Sachsenstraße) in Campe statt. Rund 200 polnische Zwangsarbeiter mussten der Hinrichtung beiwohnen - gemeinsam mit der NS-Führung, vom NSDAP-Ortsgruppenleiter bis zum Regierungspräsidenten. Das Aufhängen überließen die Bremer Gestapo-Beamten zwei Polen. Ein Stapo-Beamter habe, so der ehemalige NSDAP-Ortgruppenleiter Johann Haack bei seiner Vernehmung am 10. Juni 1947, "in deutscher und polnischer Sprache" vorgelesen, "der Pole müsse gehängt werden, da er zum Tode verurteilt worden sei, weil er ein zwölfjähriges deutsches Mädchen vergewaltigt habe. Nach der Hinrichtung wurden etwa 200 Polen an dem aufgehängten Polen vorbeigeführt."

Bereits von Zeitzeugen, so etwa von den Eheleuten Waller aus der Sachsenstraße, waren die gegen Zarski erhobenen Vorwürfe in Zweifel gezogen worden.

Aus heutiger Sicht muss der Aussage des NSDAP-Ortsgruppenleiters widersprochen werden. Sie diente nur der Verschleierung der eigenen Verantwortung bei der Hinrichtung: eine Verurteilung wegen des vorgeblichen Vergehens lag nicht vor, und die Haftstrafe wegen ähnlicher Anschuldigung aus dem Vorjahr hatte er längst verbüßt. Der Aufenthaltsort das Zwangsarbeiters Kasmir Zarski war der Gestapo im August 1943 zunächst gar nicht bekannt und musste erst durch die Gendarmerie ermittelt werden. Seine Hinrichtung ist im Kontext ähnlicher Fälle aus dem Verantwortungsbereich der Gestapo Bremen zu sehen, deren Zweck lediglich darin bestand, die polnischen Zwangsarbeiter zu disziplinieren[2].

Kazimierz Bachleda-Zarski wurde Opfer eines reinen Willkürakts, seine Hinrichtung war offensichtlich als "abschreckende Maßnahme" zu den unter Strafe gestellten Beziehungen zwischen Polen und Deutschen angelegt[3].

1956 wurde Kasimir Zarski auf dem Ehrenhügel für NS-Opfer auf dem Osterholzer Friedhof in Bremen bestattet.

1960/1961 hatte die Staatsanwaltschaft Stade wegen des Verbrechens an Kasimir Zarski ein Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt. Die Prozessbeteiligten schrieben die Verantwortung einem Gestapo-Leiter in Bremen zu. Der allerdings konnte nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden, er war im Verlauf des Zweiten Weltkriegs gestorben.

  • [1] Biografische Informationen folgen einer Zusammenfassung, die von SchülerInnen eines Geschichtskurs am Athenaeum Stade im Jahr 2018 erarbeitet wurde: Bereicht auf der Website des Athenaeum Stade
  • [2] Michael Quelle: "Erinnerung an Kazimierz Bachleda-Zarski" Bericht auf der Website von Michael Quelle
  • [3] vgl. Heike Schlichting: "Zwangsarbeit und die Enrichtung fremdvölkischer Kinderheime im Landkreis Stade" in: Schlichting/Bohmbach, "Alltag und Verfolgung", Stade 2003, S.142


Weiterführende Informationen

Der Stolperstein für Kazimierz Bachleda-Zarski

img

Mit freundlicher Unterstützung von