Ein Mensch ist erst vergessen,
wenn sein Name vergessen ist
Leitmotiv
des Stolperstein-Initiators
Gunter Demnig

Kinderfachabteilung Lüneburg

(der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg; 1941-1945)
Die „Kinderfachabteilung” der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg bestand von Oktober 1941 bis März 1945. Neben etwa 300 bis 350 ermordeten „Reichsausschuss-Kindern” starben hier mindestens weitere 100 Kinder-Patienten an den Folgen von Mangel- und Fehlversorgung.

Die etwa 32 „Kinderfachabteilungen” in psychiatrischen Anstalten im Deutschen Reich (1941 bis 1945) wurden als Tötungsstätten für geistig und körperlich behinderte Kinder eingerichtet. Die reichsweite Organisation wurde vor allem durch den sogenannten "Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten Leiden" in Berlin durchgeführt. Die Tötung von über 5.000 Kindern gehörte zu den NS-Verbrechen und wurde 1946 im "Nürnberger Ärzteprozess" auch als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft.

Die "Kinderfachabteilung" der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg bestand von Oktober 1941 bis März 1945. Sie sollte unter anderem der Grundlagenforschung für ein geplantes „Euthanasie”-Gesetz dienen, das tatsächlich nie erlassen wurde. Die ersten Patienten waren Kinder aus Anstalten der Inneren Mission in Rotenburg (Wümme). Nach der Einweisung wurden die Kinder einige Zeit beobachtet und begutachtet. Es sollte festgestellt werden, ob die Krankheiten der Kinder auf Schwangerschaftsprobleme oder auf äußere Einflüsse zurückzuführen waren. Sie wurden in "Bildungsfähige" und "Nichtbildungsfähige" selektiert. Diese Gutachten wurden an den "Reichsausschuss" in Berlin geschickt. Von dort wurde eine sogenannte "Behandlungsermächtigung" zurückgegeben, wenn das Kind zur Tötung "freigegeben" war. Eine Verpflichtung zur Tötung bestand aber nicht. Die Ermordung wurde auf Veranlassung des Leiters der "Kinderfachabteilung" oder des Direktors der Anstalt mit Luminal oder - wenn dies nicht reichte - mit Morphium durchgeführt.

Anhand ihrer Patientenakten lassen sich Einzelheiten über das Schicksal von über 400 Kindern von 1941 bis 1945 nachzeichnen. Die geistig und körperlich kranken Kinder stammten aus verschiedenen norddeutschen Anstalten. Sie verstarben nach einer durchschnittlichen Aufenthaltszeit von etwa sechs Monaten in Lüneburg. Als Todesursache wurden in der Regel falsche Diagnosen angegeben, wie z. B. "Mandelentzündung", "Lungenentzündung" oder "Bronchitis". Insgesamt hatte die Kinderfachabteilung Lüneburg mindestens 695 Kinder-Patienten. Neben den etwa 300 bis 350 ermordeten "Reichsausschuss-Kindern" starben mindestens weitere 100 Kinder-Patienten an den Folgen von Mangel- und Fehlversorgung.

Die "Kinderfachabteilung" war ab 1945 wiederholt Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen. Es liegt eine Reihe von Veröffentlichungen vor, in denen Einzelheiten zur "Kinderfachabteilung” dargestellt sind.

Seit 2004 befindet sich auf auf dem Gelände der heutigen Psychiatrischen Klinik Lüneburg eine Bildungs- und Gedenkstätte. Ein zentraler inhaltlicher Schwerpunkt ist die "Kinderfachabteilung" Lüneburg, in der 1941 bis Kriegsende 300 bis 350 Kinder aus ganz Norddeutschland getötet wurden. Website der Gedenkstätte "Opfer der NS-Psychiatrie" in Lüneburg"

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